Wakeverlust-Modell

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Mit dem Modul PARK lassen sich auf mathematischem Wege die Wake-Verluste (Abschattungsverluste) und der sich daraus ergebende Parkwirkungsgrad eines Windparks bestimmen.

Grundlagen der Modellierung sind das Verhalten der Nachlaufströmung ('wake') einer einzelnen WEA sowie Regeln zur Handhabung von sich überlagernden Wakes und partiellen Wakes.

Das windPRO-Modul PARK unterstützt das Wakemodell nach N.O.Jensen sowie das darauf aufbauende Modell PARK2. Obwohl PARK2 vielversprechend ist, empfiehlt EMD aktuell die Verwendung des ersteren Modells, solange noch keine ausreichenden Validierungsergebnisse für PARK2 vorliegen.

In der Windstatistik-PARK-Berechnung sind unter "Erweiterte Optionen" weitere Wakemodelle verfügbar. Dieses sind aus historischen Gründen oder zum Vergleich in windPRO enthalten, werden jedoch nicht für die reguläre Projektarbeit empfohlen (NO2005, Eddy Viscosity[1], G.C.Larsen[1]).


Wakemodell N.O.Jensen (RISØ/EMD)

Das N.O. Jensen-Modell verwendet eine vereinfachte Beschreibung des Windgeschwindigkeitsprofils der 'wake' über die Wake-Decay-Konstante (Ausbreitungskonstante; 'wake decay constant'; WDC):


DE PARK(3).png


mit

v = Windgeschwindigkeit im Abstand x hinter dem Rotor
u = Windgeschwindigkeit unmittelbar vor dem Rotor
R = Rotorradius
α = Wake-Decay-Konstante (WDC)


Der Wert 2/3 steht für eine Annäherung an den Ct-Wert – In WindPRO wird für jedes Windgeschwindigkeits-Intervall der tatsächliche Ct-Wert angesetzt.

Die folgende Abbildung zeigt die Grundidee des Modells. Der Strömungsnachlauf einer WEA stellt nach den physikalischen Gesetzmäßigkeiten der Impuls- und Massenerhaltung einen Bereich mit geminderter Windgeschwindigkeit und höherer Turbulenzintensität dar. Die resultierende Strömungsänderung ist u.a. von den geometrischen Abmessungen und den Strömungseigenschaften des WEA-Rotors, der Wake-Decay-Konstante (WDC) sowie den spezifischen Windverhältnissen am Standort der WEA abhängig. Der Wert der Wake-Decay-Konstante entspricht dabei der Aufweitung des Strömungskegels pro Meter Nachlauf, z.B. führt eine Wake-Decay-Konstante von 0,075 zu einer Aufweitung von 7,5 cm/m bzw. einem Winkel Θ von ca. 4 Grad. Weitere Anmerkungen zur Bestimmung der Wake-Decay-Konstante folgen weiter unten.


DE PARK(4).png


Zusätzlich zur Berechnung von Einzelwakes wird ein Modell benötigt, um die Wakes mehrerer WEA, die auf eine WEA einwirken, zu summieren, das sog. Wake Combination Model. Hierfür wird die Wurzel der Summe der Quadrate der Windgeschwindigkeits-Reduktionen der einzelnen WEA gebildet. Um der Begrenzung des Wake-Kegels einer WEA durch die Erdoberfläche Rechnung zu tragen, fließt in das Modell ein Satz unter die Erdoberfläche gespiegelte WEA ein.


N.O.Jensen (RISØ/EMD) PARK2 2018

Das PARK2-Modell, das von DTU mit WAsP 12 eingeführt wurde und seit windPRO 3.2 SP2 (Service Pack 2) identisch in windPRO implementiert wurde, wird als sehr erfolgreich betrachtet, auch in Bezug auf sehr große Windfarmen ("Deep Arrays").

Das PARK2-Modell basiert auf dem Wakeberechnungs-Konzept von N.O.Jensen; was diesem gegenüber im Detail geändert wurde, ist dieser Poster-Präsentation[2] zu entnehmen.

Die wichtigste Änderung ist das Modell zur Kombination mehrerer Wakes, die an einer WEA auftreten (Wake combination model) von einem Ansatz, der auf der Wurzel der Summe der quadrierten Windgeschwindigkeits-Reduktionen basierte, zu einer linearen Summierung. In diesem neuen Rahmen müssen dann aber höhere Wake-Decay-Konstanten angesetzt werden. Weiteres zur Wake-Decay-Konstante weiter unten.


Die Wake-Decay-Konstante (WDC)

Die Wake-Decay-Konstante (Wake decay constant, WDC) ist ein Parameter der Familie der N.O.Jensen-Wakemodelle, der Auswirkungen auf die Ausbreitung der Wake sowie auf die Zunahme der Windgeschwindigkeit im Wake-Kegel hat (siehe Wakemodell N.O.Jensen (RISØ/EMD)).

Die WDC korreliert in hohem Maße mit der Umgebungsturbulenz am Standort. Da die WDC einen großen Einfluss auf die Ergebnisse der Wakeberechnung hat, sollte sie stets mit Standortbezug ausgewählt werden. Dies kann entweder in Form einer Turbulenzmessung oder in Form von Standardwerten für bestimmte Geländeklassen geschehen. Die vorgegebenen Standardwerte können die Standortcharakteristik in der Regel nicht ausreichend wiedergeben!

Bislang berücksichtigen die Empfehlungen von DTU zur Wake-Decay-Konstante die Variation der Umgebungsturbulenzintensität mit der Höhe noch nicht in ausreichendem Maße. Zahlreiche Forschungsprojekte sowie eigene Tests bestätigen, dass diese bedeutsam für die Wake-Decay-Konstante ist. windPRO implementiert seit windPRO 3.0 Werkzeuge, um die WDC anhand der TI zu ermitteln. Diese Werkzeuge wurden in windPRO 3.2 mit einem vollständigen formelbasierten Ansatz zur Ermittlung der TI sowie zur Konversion von TI zur WDC verfeinert. Weitere Schritte in kommenden Versionen werden beinhalten, dass dies automatisiert für jede einzelne WEA durchgeführt wird, was insbesondere bei Windfarmen mit deutlichen Nabenhöhenunterschieden bedeutsam ist.

Im Folgenden die DTU-Empfehlungen sowie die Empfehlungen von EMD in unserem Turbulenz-basierten Ansatz:


DTU-Empfehlung EMD-Empfehlung
N.O.Jensen (PARK1) PARK2 PARK1 PARK2
Offshore 0,05 *) 0,06 WDC = TI * 0,04 WDC = TI * 0,48
Onshore 0,075 0,09

*) frühere Empfehlung: 0,04


An Offshore-Standorten mit hoher TI liegt diese in der Regel um 10%, was nach EMD-Empfehlung in PARK1 zu einer WDC 0,04 führt. Dies wurde in zahlreichen Tests bestätigt, z.B. von Nicolai Nygaard, Ørsted [3]. Es zeigt sich aber auch, dass bei geringeren TI eine niedrigere WDC verwendet werden muss. Die untere Grenze beobachteter TI liegt etwa bei 5%, was in PARK1 zu einer WDC 0,02 führt (EMD-Empfehlung).

Die TI hängt vom Standort ab. Liegt keine Messung vor, kann als grober Anhaltswert ein rauigkeitsbasierter Ansatz verwendet werden:

TI = A * k / ln(h/z0)

Mit:

A = 2,5
k = 0,4
h = Berechnungshöhe
z0 = Rauigkeitslänge

Die gewählten Konstanten basieren primär auf Pena Diaz 2016[4].

Hier ein Teil der Conclusion:

DE PARK(4.1).png


Die folgende Tabelle illustriert, wie die TI anhand des o.g. Ansatzes für zwei Höhen, 40 und 120 m, berechnet wird. Die entsprechende WDC ist einfach TI * 0,4. Für die Konversion von Rauigkeitsklasse zu -länge wird eine einfache lineare Beziehung in einem Graph mit logarithmischer Y-Achse zugrunde gelegt (bzw. zwei Beziehungen, eine unter und eine über Rauigkeitsklasse 1; siehe darauffolgende Tabelle)


Eingabe Berechnungshöhe (m)
Terraintyp Rauigkeitsklasse Rauigkeitslänge 40 120
TI WDC TI WDC
Sehr stabil -1,4 0,0000 0,052 0,021 0,049 0,020
Offshore 0 0,0002 0,082 0,033 0,075 0,030
Offshore (hohe TI) 0,5 0,0024 0,103 0,041 0,093 0,037
Very open 1 0,029 0,14 0,055 0,12 0,048
Open 1,5 0,056 0,15 0,061 0,13 0,052
Mixed farmland 2 0,106 0,17 0,067 0,14 0,057
Closed 2,5 0,203 0,19 0,076 0,16 0,063
Very closed 3 0,388 0,22 0,086 0,17 0,070
Dense forest 3,5 0,741 0,25 0,100 0,20 0,079

Für Offshore-Windparks wurde eine zusätzliche Kategorie "Offshore (hohe TI)" hinzugefügt, die gut für Standorte wie Horns Rev-1 zutrifft, welches Testprojekt in vielen Wakemodell-Überprüfungen war. Dort ist bekannt, dass eine WDC von 0,04 gut mit PARK1 funktioniert. Horns Rev-1 hat 70 m Nabenhöhe und die Tabelle weist hierfür eine WDC nahe 0,04 für die „Offshore (hohe TI)“-Option aus.

Die Konvertierung von Rauigkeitsklasse zu Rauigkeitslänge wird entsprechend der Tabelle unten als lineare Beziehungen in einer logarithmischen Darstellung berechnet. Beachten Sie, dass es zwei lineare Beziehungen gibt, eine unter Klasse 1 und eine darüber.

Klasse Länge
0 0,0002
1 0,03
2 0,1
3 0,4


Die neuen Empfehlungen zur Wake-Decay-Konstante (PARK1):

DE PARK(4.2).png


Beachten Sie, dass diese Empfehlungen für das Originalmodell PARK von N.O. Jensen Gültigkeit haben. Für PARK2 müssen diese mit einem Faktor 1,2 multipliziert werden.

Gegenüber der vorherigen Implementation (windPRO 3.1) ergeben sich folgende Veränderungen:

DE PARK(4.3).png


Die rein formelbasierten (neuen) Werte sind etwas niedriger als die vorherigen. Dies zeigt sich insbesondere bei niedrigen Nabenhöhen und bei hohen Rauigkeiten.

In zeitreihenbasierten Berechnungen (ab windPRO 3.0) kann ein Umgebungsturbulenz-Signal in der Zeitreihe verwendet werden, um für den jeweiligen Zeitstempel die Wake-Decay-Konstante individuell zu ermitteln. Wird für das Turbulenzsignal eine alternative Zeitreihe verwendet, die kürzer ist als die, die für die Berechnung verwendet wird, so wird nur der Zeitraum verwendet, der in beiden Zeitreihen repräsentiert ist.

Der wissenschaftliche Hintergrund der neuen Wake-Decay-Empfehlungen auf Basis der Turbulenzintensität wird in Peña, Réthoré und van der Laan 2016[4] im Kapitel 2.1.2 "The wake decay coefficient" erläutert. Beachten Sie, dass dort ein Kovertierungsfaktor von (TI zu WDC) von ~0,4 ermittelt wird; es kann jedoch standortspezifische Eigenschaften geben, bei denen diese einfache Beziehung nicht funktioniert. Es wird deshalb stets empfohlen, mit gemessenen Turbulenzintensitäten zu arbeiten. Weiterhin enthalten die Formeln in obiger Quelle eine Stabilitätskorrektur, die die Konstante bei sehr stabilen oder sehr unstabilen Bedingungen anpasst. Insbesondere hier ist es wichtig, Turbulenzmessungen zu haben, um die Wahl der korrekten WDC abzusichern.


Mögliche Verdrehung der Windrichtung aufgrund von Koordinatensystem-Kovertierung

Die WAsP-Software, die für die Modellierung der Windverhältnisse über das Gelände zuständig ist, operiert ausschließlich mit rechtwinkligen Koordinatensystemen. Bei diesen entspricht Gitternord (also der Punkt, auf den eine Koordinatenlinie in Richtung Nord zeigt) nicht unbedingt geographisch Nord (also dem Punkt, auf den die Längengrade in einem geographischen System zulaufen), sondern die Nordrichtung ist je nach Lage des Standorts mehr oder weniger gegenüber geographisch Nord verdreht.

Da einige rechtwinklige Koordinatensysteme massive Verdrehungen gegenüber geographisch Nord haben, konvertiert windPRO alle Koordinaten vor der Übergabe an WAsP in das Koordinatensystem UTM WGS84 (Zone des Standortzentrums), wodurch die Verdrehung auf maximal +/- 3° reduziert wird (an den Zonenrändern). Da WAsP die Windrichtungen in Bezug auf UTM WGS84 behandelt, muss auch die anschließende Wake-Berechnung, die in windPRO durchgeführt wird, dasselbe Koordinatensystem verwenden, um die Einführung eines zusätzlichen Fehlers zu vermeiden.

Problematisch bleibt dennoch, dass Windmessungen häufig auf geographisch Nord kalibriert sind, so dass die Angaben zur Windrichtung und das verwendete Koordinatengitter nicht vollständig konform sind. Mit der genannten Lösung in windPRO wird dies zu einem marginalen Problem; ist eine vollständige Kompensation gewünscht, sollte beim Import der Winddaten ins METEO-Objekt ein Offset auf die Windrichtung angewandt werden. Da die Genauigkeit der Richtungsmessung dies selten rechtfertigt und der Effekt geringfügig ist, ist dies jedoch keine allgemeine Empfehlung. Das für die WAsP-Berechnung verwendete Koordinatensystem sowie dessen Verdrehung gegenüber Gitternord werden auf dem PARK-Hauptergebnis in den ersten Zeilen angegeben. Dies ist auch eine hilfreiche Angabe, um Änderungen in Berechnungsergebnissen nachzuvollziehen, die tatsächlich nur auf die Verschiebung des Standortzentrums in eine andere Zone (und damit der Berechnungszone) zurückzuführen sind.

Die NO2005-Implementierung des N.O.Jensen-Wakemodells

In 2005 wurde in windPRO eine Implementierung des N.O.Jensen-Wakemodells unter dem Namen N.O.Jensen (EMD) 2005 (kurz: NO2005) eingeführt. Dieses sollte das Original-N.O.Jensen-Modell nicht ersetzen, sondern in der Form ergänzen, dass bestimmte Teilergebnisse leichter zugänglich sind und so eine bessere Integration in das PARK-Modul möglich ist. Bestimmte Typen von erweiterten Optionen in PARK (z.B. Scaler-Berechnungen) waren nur mit NO2005 möglich. Seit den ersten Tests war bekannt, dass NO2005 etwas geringere Wakeverluste als das Original berechnet[5].

Neue Testreihen im Jahr 2016 mit Daten großer Windfarmen[6] offenbarten, dass mit zunehmender Größe der Windfarmen die Wake-Effekte gegenüber dem Original N.O.Jensen-Wakemodell immer stärker unterschätzt werden. Seit windPRO 3.2 empfiehlt EMD deshalb die Verwendung des NO2005-Modells nicht mehr und hat stattdessen den Anwendungsbereich des Original-N.O.Jensen-Modells erweitert, so dass es jetzt auch in Scaler-Berechnungen verwendet werden kann.

NO2005 bleibt weiterhin als alternatives Modell verfügbar, da hier in Scaler-Berechnungen eine experimentelle Anpassung der Wake-Decay-Konstante anhand der Anzahl der vorgelagerten WEA möglich ist (siehe PARK: Register Wake). Dies ist insbesondere in Post-Construction-Analysen eine wertvolle Option zum Fein-Tuning des Wakemodells.


Weiterführende Studien

  • Nygaard: Wake effects between two neighbouring wind farms [3]
  • Rathmann et al.: Validation of the revised WAsP Park Model[2]
  • Nygaard: Wakes in very large wind farms and the effect of neighbouring wind farms[7]
  • Wakemodell-Validierungstests (Englisch)


Weitere Informationen:


Literatur

  1. 1.0 1.1 vgl. http://help.emd.dk/knowledgebase/content/ReferenceManual/Wake_Model.pdf
  2. 2.0 2.1 Rathmann, O. S., Hansen, B. O., Leon, J. P. M., Hansen, K. S., & Mortensen, N. G. (2017). Validation of the Revised WAsP Park Model. Poster session presented at WindEurope 2017, Amsterdam, Netherlands.
  3. 3.0 3.1 Nicolai Gayle Nygaard and Sidse Damgaard Hansen 2016 J. Phys.: Conf. Ser. 753 032020; Paper bei http://iopscience.iop.org (letzter Abruf 15.10.2018)
  4. 4.0 4.1 Pena Diaz, A., Réthoré, P-E., & van der Laan, P. (2016). On the application of the Jensen wake model using a turbulence-dependent wake decay coefficient: the Sexbierum case. Wind Energy, 19, 763–776. DOI: 10.1002/we.1863 Paper bei http://orbit.dtu.dk (letzter Abruf: 15.10.2018)
  5. siehe https://www.emd.dk/files/PSO%20projekt%205899.pdf
  6. siehe http://help.emd.dk/WindPRO/content/TechNotes/TechNote_5_Park%20model%20revision.pdf
  7. Nicolai Gayle Nygaard 2014 J. Phys.: Conf. Ser. 524 012162; Paper bei iopscience.iop.org