SITE COMPLIANCE-Überblick

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Kurzanleitung (Englisch) als PDF: SITE COMPLIANCE


Kurzanleitung als PDF: LOAD RESPONSE


Vorbemerkung: Die Module SITE COMPLIANCE und LOAD RESPONSE lassen sich nicht ohne weiteres voneinander trennen. Wenn Sie auf diese Seite gelangt sind, weil Sie die LOAD RESPONSE-Dokumentation suchen, so finden Sie Links dazu weiter unten.


Ein vernünftiges Layout und einen passenden Anlagentyp auszuwählen gehören zu den wichtigsten Schritten bei der Entwicklung eines Windenergie-Projekts. Windenergieanlagen sind gemäß einer Reihe von klimatischen Anforderungsstandards, z.B. den IEC Klassen, für eine Laufzeit von 20 Jahren ausgelegt. Die römische Zahl definiert dabei die Windgeschwindigkeitsklasse I, II oder III und der Buchstabe steht für die Turbulenzklasse A, B oder C. IEC IA beschreibt damit die stärkste Auslegungsklasse, die schwächste ist IEC IIIC.

Die Errichtung einer ungeeigneten WEA an einem Standort einer höheren Beanspruchungsklasse kann zu vorzeitigem Verschleiß führen und ein Projekt ruinieren. Andererseits kann der Einsatz einer zu hoch klassifizierten WEA unnötig hohe Kosten verursachen, die das Projekt unfinanzierbar machen.

Die windPRO-Module SITE COMPLIANCE und LOAD RESPONSE vergleichen die klimatischen Standortbedingungen mir den Auslegungsbedingungen der WEA und helfen damit den Anwendern bei der Entscheidung, welche Anlagenklasse für den Standort geeignet ist.

Die Anforderungen der WEA-Auslegungs-Klassen sind festgelegt in der internationalen Richtlinie:

IEC 61400-1 “Wind turbines Part 1 - Design requirements”, von der inzwischen vier Editionen existieren. [1][2]

Die meisten Abschnitte betreffen Designanforderungen der Standard-WEA-Klassen. Kapitel 11 beschreibt den “Nachweis der strukturellen und elektrischen Eignung einer WEA für standortspezifische Bedingungen”, also die Bewertung, ob ein Anlagentyp für die betreffenden Standortbedingungen und das Layout geeignet ist, mit anderen Worten: Ob "SITE COMPLIANCE" vorliegt.


Anforderungen der Richtlinie IEC 61400-1: Ed. 4 (2019), Ed. 3 (2010) und Ed. 2 (1999)

Tabelle 1, entnommen der Richtlinie IEC 61400-1 (im Folgenden „IEC-Richtlinie“ genannt), hier Edition 3, definiert die grundlegenden Design-Parameter der oben beschriebenen Standard-Auslegungsklassen.


Tabelle 1 aus IEC 61400-1 Ed. 3 (2010)[1]

Abschnitt 11 der IEC-Richtlinie nennt sieben Hauptparameter zur Standort-Beurteilung. Der erste Parameter beschreibt die topographische Komplexität des Geländes, die anderen sechs Parameter betreffen die Windverhältnisse am Standort. Die sieben IEC-Hauptprüfungen sind:

Die Richtlinie beinhaltet zudem einige zusätzliche Umgebungsbedingungen, die bewertet werden sollen. Hiervon wurden drei Parameter ausgewählt, die gelegentlich kritisch sein können und mit akzeptabler Genauigkeit abgeschätzt werden können. Diese Parameter, bezeichnet als „Andere Prüfungen“, sind:

Die nicht erfassten Parameter sind: „Vereisung, Hagel und Schnee“, „Feuchtigkeit“, „Sonneneinstrahlung“, „chemisch aktive Substanzen“ und „Salzhaltigkeit“.

Abschnitt 11.1 der IEC-Richtlinie[1], S. 54, beschreibt, wie die standortspezifischen Bedingungen mit den Auslegungsbedingungen der betrachteten IEC-Klasse, z.B. IIB, verglichen werden, um nachzuweisen, dass die Auslegungsbedingungen nicht überschritten werden.

„…Es muss nachgewiesen werden, dass die Standortbedingungen die :Integrität der Konstruktion nicht verletzen. Der Nachweis umfasst die topographische Komplexität des Standorts, siehe 11.2, und eine Bewertung der Windbedingungen am Standort, siehe 11.3. Für den Nachweis der Integrität der Konstruktion können zwei Methoden angewendet werden:
a) ein Nachweis, dass alle diese Bedingungen weniger schwerwiegend sind als die, die bei der Auslegung der WEA angenommen wurden, siehe 11.9;
b) ein Nachweis der Integrität der Konstruktion für Bedingungen, die jede für sich gleich oder schwerwiegender sind als die am Standort, siehe 11.10.
Wenn eine der Bedingungen schwerwiegender ist als die bei der Auslegung angenommenen, muss die elektrische und strukturelle Zuverlässigkeit mit der zweiten Methode nachgewiesen werden.“

Kurz gesagt, a) bedeutet, dass wenn alle IEC-Prüfungen in SITE COMPLIANCE unkritisch sind, kann davon ausgegangen werden, dass die IEC-Klasse zum Standort passt. Wenn min. eine der Prüfungen Überschreitungen zeigt, muss Ansatz b) gewählt werden, der einer Lastberechnung über LOAD RESPONSE basierend auf den Ergebnissen aus SITE COMPLIANCE entspricht.

IEC 61400-1 Ed. 2 (1999)

Ab windPRO 3.1 können SITE COMPLIANCE und LOAD RESPONSE auch die Anforderungen der veralteten 2. Edition der IEC 61400-1 1999[3] prüfen, beispielsweise um ältere Anlagentypen auf ihr Potenzial zum Weiterbetrieb zu prüfen. Im Vergleich zur Ed. 3 gibt es einige unterschiedliche Definitionen. Die Referenzwindgeschwindigkeit vref ist in beiden Versionen gleich definiert als Extremwindgeschwindigkeit mit einem Wiederkehrzeitraum von 50 Jahren. Die Turbulenzintensität wird jedoch unterschiedlich betrachtet, in Ed. 3 wird eine "Referenzturbulenzintensität" Iref bei 15m/s angegeben, in Ed. 2 ist der Turbulenzparameter als I15 und 84%-Fraktil bei 15m/s definiert.

Tabelle 1 aus IEC 61400-1 ed. 2[3]

Ed. 3 der IEC 61400-1 wurde veröffentlicht, um unklare oder problematische Anforderungen der Ed. 2 zu ergänzen, bzw. verbessern. In SITE COMPLIANCE wurden daher soweit möglich die Festlegungen aus Ed. 3 übernommen, ohne die Definitionen in Ed. 2 zu verletzen. Anhang VI erläutert die Anforderungen der IEC 61400-1 ed. 2 (1999).

IEC 61400-1 Ed. 4 (2019)

Ab windPRO 3.3 können SITE COMPLIANCE und LOAD RESPONSE auch die Festlegungen gemäß der 4. Edition der IEC 61400-1 (2019) prüfen. Deren Anforderungen sind in Anhang VII erläutert.

Typische Anwendungsmöglichkeiten

SITE COMPLIANCE kann mit unterschiedlichen Eingangsdaten und externen Berechnungsmodellen verwendet werden. Es gibt drei Hauptanwendungsarten:

  • (I) Mast und Strömungsmodell
  • (II) Nur Messmastdaten
  • (III) Keine Messmastdaten
  • (IV) Externe Standortdaten

Die volle Funktionalität wird erreicht, wenn sowohl Messmastdaten mit mehreren Messhöhen für das Projekt vorliegen als auch die externen Berechnungsmodelle WAsP und WAsP Engineering (ab Version 3, im folgenden „WEng“, eigene Lizenzen werden benötigt) und WAsP-CFD-Ergebnisse verfügbar sind.


Unter Verwendung von WAsP kann das Modul in Modus I (Hauptmodus) arbeiten. In diesem Modus ist eine WEng-Lizenz oder WAsP-CFD-Ergebnisse nicht zwingend notwendig, ermöglichen aber weitere Berechnungs-Optionen, die die Qualität der Ergebnisse verbessern können.

Minimale Anforderungen gelten in Modus II Nur Messmastdaten. Dieser Modus benötigt lediglich die Daten eines Messmasts am Standort mit verschiedenen Messhöhen und keine externen Software-Lizenzen, um die Hauptprüfungen durchzuführen.

Modus III, Keine Messmastdaten, findet Anwendung, wenn kein Messmast am Standort errichtet ist, es aber viele WEA in der Gegend gibt, wie in Deutschland oder Dänemark. Dieser Modus erfordert gültige Lizenzen für WAsP und WEng oder WAsP-CFD-Ergebnisse sowie regionale Windstatistiken (Windatlas- / lib-Datei) um alle sieben IEC-Hauptprüfungen durchzuführen.

In Modus I gibt es zwei Einstellungsmöglichkeiten für WAsP: Windstatistik mit Langzeitbezug und Messmastdaten. Die erste Möglichkeit findet Verwendung, wenn per MCP für jeden Messmasten am Standort eine Windstatistik mit Langzeitbezug erstellt wurde. Dadurch wird erreicht, dass die Ergebnisse dieser WAsP-Berechnung denen der PARK-Berechnungen entsprechen, die auf diesen Windstatistiken basieren. Die zweite Möglichkeit (Messmastdaten) beinhaltet die STATGEN-Berechnung für jeden Messmast und vereint so beide Schritte der WAsP-Prozedur unter Verwendung der Messmastdaten. Diese Option bietet auf einem zusätzlichen Register die Möglichkeit einer vereinfachten Langzeitkorrektur im SITE COMPLIANCE-Modul, wie es in der IEC-Richtlinie gefordert ist, wenn die Windmessdaten nicht langzeit-repräsentativ sind.

Modus IV ermöglicht den Import von Ergebnissen der IEC-Prüfungen aus einer externen Quelle. Diese können direkt für die LOAD RESPONSE-Berechnung genutzt werden, es gibt jedoch keine Möglichkeit sie mit einzelnen IEC-Prüfungen in SITE COMPLIANCE zu kombinieren. Das benötigte Format kann über Ergebnis in Datei gespeichert und dann an andere windPRO-Anwender übergeben werden (XML export to load assessment (3rd party result format)). Die Daten müssen entweder für alle WEA oder pro Einzel-WEA in einer *.xml-Datei gespeichert sein.

Schritt für Schritt-Anleitung

SITE COMPLIANCE

Wählen Sie den Modus:

  • (I) Mast und Strömungsmodell
  • (II) Nur Messmastdaten
  • (III) Keine Messmastdaten
  • (IV) Externe Standortdaten


Modus I (Mast und Strömungsmodell)

  • Wählen Sie das gewünschte Strömungsmodell
  • Wählen Sie die WAsP-Option Windstatistik mit Langzeitbezug oder Messmastdaten
  • Definieren Sie die WEA-Auslegungsklasse - wenn nicht bereits individuell in den WEA-Eigenschaften definiert
  • Wählen Sie den / die Standortmasten mit Haupthöhe und Höhen für die Shear-Berechnung
  • Wählen Sie einen Mast mit Zweck Langzeit-Referenz, wenn ein solcher verfügbar ist
  • Definieren Sie das WEA-Layout
  • Definieren Sie die Mast – WEA Zuordnung, wenn mehrere Masten vorhanden sind
  • In WAsP Messmastdaten-Modus: Berechnen und evaluieren Sie die Langzeitkorrektur
  • Berechnen Sie mit den Strömungsmodellen:
  • Wählen Sie (ein) Terraindatenobjekt(e) (Zweck STATGEN) und starten Sie die WAsP Berechnung
  • Wählen Sie ein Terraindatenobjekt und starten Sie die WEng-Berechnung, wenn Sie über eine Lizenz verfügen
  • Wählen Sie (eine) WAsP-CFD-Ergebnisdatei(en) und starten Sie die WAsP-Berechnung
  • Register IEC-Prüfungen: Wählen Sie die relevanten Hauptprüfungen und Andere Prüfungen
  • Klicken Sie Bearb. für jede gewählte Berechnung, ändern Sie die Einstellungen, wenn nötig und drücken Sie Berechnen
  • Prüfen Sie die Ergebnisse jedes Parameters und das Gesamtergebnis aller Prüfungen
  • Drücken Sie OK, überprüfen Sie die Berichte und exportieren Sie Ergebnisse mit Ergebnis in Datei


Modus II (Nur Messmastdaten)

  • Definieren Sie die WEA-Auslegungsklasse – wenn nicht bereits individuell in den WEA-Eigenschaften definiert
  • Wählen Sie den / die Standortmasten mit Haupthöhe und Höhen für die Shear-Berechnung
  • Wählen Sie einen Mast mit Zweck Langzeit-Referenz, wenn ein solcher verfügbar ist
  • Definieren Sie das WEA-Layout
  • Definieren Sie die Mast – WEA Zuordnung, wenn mehrere Masten vorhanden sind
  • Berechnen und evaluieren Sie die Langzeitkorrektur
  • Register IEC-Prüfungen: Wählen Sie die relevanten Hauptprüfungen und Andere Prüfungen
  • Klicken Sie Bearb. für jede gewählte Berechnung, ändern Sie die Einstellungen, wenn nötig und drücken Sie Berechnen
  • Prüfen Sie die Ergebnisse jedes Parameters und das Gesamtergebnis aller Prüfungen
  • Drücken Sie OK, überprüfen Sie die Berichte und exportieren Sie Ergebnisse mit Ergebnis in Datei


Modus III (Keine Messmastdaten)

  • Wählen Sie die gewünschten Strömungsmodelle
  • Definieren Sie die WEA-Auslegungsklasse – wenn nicht bereits individuell in den WEA-Eigenschaften definiert
  • Definieren Sie das WEA-Layout
  • Berechnen Sie mit den Strömungsmodellen:
  • Wählen Sie (ein) Terraindatenobjekt(e) (Zweck STATGEN) und starten Sie die WAsP Berechnung
  • Wählen Sie ein Terraindatenobjekt und starten Sie die WEng-Berechnung, wenn Sie über eine Lizenz verfügen
  • Wählen Sie (eine) WAsP-CFD-Ergebnisdatei(en) und starten Sie die WAsP-Berechnung
  • Register IEC-Prüfungen: Wählen Sie die relevanten Hauptprüfungen und Andere Prüfungen
  • Klicken Sie Bearb. für jede gewählte Berechnung, ändern Sie die Einstellungen, wenn nötig und drücken Sie Berechnen
  • Prüfen Sie die Ergebnisse jedes Parameters und das Gesamtergebnis aller Prüfungen
  • Drücken Sie OK, überprüfen Sie die Berichte und exportieren Sie Ergebnisse mit Ergebnis in Datei


Modus VI (Externe Standortdaten)

  • Definieren Sie die WEA-Auslegungsklasse – wenn nicht bereits individuell in den WEA-Eigenschaften definiert
  • Laden Sie die *.xml-Datei(en) mit den externen Standortdaten
  • Prüfen Sie die Ergebnisse jedes Parameters und das Gesamtergebnis aller Prüfungen
  • Drücken Sie OK, überprüfen Sie die Berichte und exportieren Sie Ergebnisse mit Ergebnis in Datei


LOAD RESPONSE

  • Aktivieren Sie LOAD RESPONSE auf dem Register Hauptteil in SITE COMPLIANCE
  • Wählen Sie die WEA-Response-Datei im Drop-Down-Menü
  • Setzen Sie den Haken bei Berechne bei Ermüdungslasten
  • Klicken Sie Bearbeiten, ändern Sie ggf. die Einstellungen und klicken Berechnen
  • Prüfen Sie die Ergebnisse der Ermüdungslasten für die am stärksten belasteten Komponenten für jede WEA-Position
  • Klicken Sie OK, prüfen die Berichte und exportieren bei Bedarf die Ergebnisse über Ergebnis- in-Datei


Weitere Themen:


Referenzen:

  1. 1.0 1.1 1.2 IEC 61400-1 ed. 3, 2005, Wind turbines – Part 1: Design requirements
  2. IEC 61400-1 ed. 3, 2010, Amendment 1
  3. 3.0 3.1 IEC 61400-1 ed. 2, 1999, Wind turbines – Part 1: Safety requirements